Viele deutsche Online-Händler ärgern sich seit Jahren über die chinesische Konkurrenz, die selbst geringpreisige Waren insbesondere aus dem technischen Zubehörmarkt einzeln verschickt. Wie kann sich das trotz der Kosten für den Versand bloß rechnen, haben sich in der Vergangenheit viele gefragt.
Dass chinesische Händler so billig nach Deutschland versenden können, ist auf ein uraltes Schlupfloch im Postrecht zurückzuführen. Seit 1874 gibt es den Weltpostverein, der China als Entwicklungsland führt und quasi zu Spottpreisen die Waren der Chinesen um die Welt transportiert. Die Preise waren so niedrig, dass sie nicht einmal den Transport innerhalb der Zielländer gedeckt haben. Und die sind alles andere als kostendeckend. Eine Subvention, die über viele Jahrzehnte sinnvoll war und ohnehin nicht großartig ins Gewicht fiel, weil es nur wenige Sendungen gab, die auf diese Weise transportiert wurden.
Versand aus China bisher subventioniert
Der Weltpostverein, genauer der Weltpostvertrag, regelt die finanziellen Ausgleichszahlungen, die sich nach dem Unterschied der Menge der beförderten Briefe und Pakete in beide Richtungen richten. Hinzu kommen in der Berechnung einige statistische Faktoren wie die Wirtschaftskraft, die Landesgröße sowie das Pro-Kopf-Einkommen des jeweiligen Landes.
In jedem Land gibt es also (mindestens) ein Unternehmen – im Falle der Bundesrepublik ist das die DHL – das die Sendungen aus dem Ausland zu den vom Weltpostverein vorgegebenen Konditionen zustellen muss. Zum Vergleich: Laut dem Präsident des schweizerischen Versandhandelsverbandes Patrick Kessler zahlen Schweizer E-Commerce-Händler für die Zustellung ihrer Ware drei- bis viermal mehr.
Das soll jetzt anders werden – bereits seit mehreren Jahren arbeiteten verschiedene Logistikunternehmen in Europa darauf hin, dass der Weltpostverein hier eine Neubewertung vornimmt. Die wird es in der Tat ab 2018 geben, wie die Welt am Sonntag erfahren hat.
Damit dürften die Portopreise um ein Vielfaches steigen, sodass sich der Transport geringwertiger Waren für chinesische Händler zumindest auf dem Weg des Einzelversandes nicht mehr lohnen würde. Auch einen weiteren Trick, dass viele Pakete als Brief deklariert wurden, kann das Transportunternehmen im Zielland nun unterbinden, indem es gegebenenfalls Nachporto anfordert und, falls dieses nicht binnen sechs Wochen bezahlt wird, die Ware vernichten kann. Bisher wurden offenbar auch solche Sendungen zähneknirschend ausgeliefert.
Versand aus China könnte künftig weniger werden
Deutsche Kunden würden dann gegebenenfalls keine Ware erhalten und müssten sich mit den chinesischen Händlern auseinandersetzen – ein Ärgernis für die Kunden, das aber vor allem deutsche E-Commerce-Händler freuen dürfte. Die sind nämlich seit Jahren richtig sauer auf chinesische Händler, die teilweise in großem Stil geringwertige Waren unter Umgehung der Einfuhrumsatzsteuer nach Deutschland bringen. Auch große Marktplätze wie Amazon Marketplace hatten dies im Eigeninteresse bisher nicht unterbunden. Schließlich verdienten auch sie am schwunghaften Handel mit Kleinteilen in der Vergangenheit gut mit.
Eine Chance ist das allerdings für deutsche und chinesische Händler, die Waren als Sammelbestellung nach Deutschland holen und sie von hier aus an die deutschen Kunden verteilen. Denn gerade bei kleinen Artikeln, die per Brief versandt werden können, dürfte sich das auch danach noch rechnen.